Letter from Egon in Sabac 12 November 1940

 

 

 

 

Sabac 12.XI.1940

 

Mein lieber Hans!

 

Deine lieben Zeilen habe ich mit sehr grosser Freude erhalten, ich komme aber erst heute dazu, Dir zu antworten, ich hatte eine Auseinandesetzung mit meiner Tante in Zagreb. Sie wollte mir kein Geld mehr schicken, erst auf einen Brief meiner Eltern. Du weisst doch, dass meine Eltern bei Ihr ein Guthaben besitzen, bekomme ich jetzt wieder jeden Monat etwas Geld und wichtige Sachen, die ich mir nicht anschaffen kann. Ich hoffe Du wirst nicht böse sein, dass ich Dich solange habe warten lassen. Aus dem Brief vom Toni, den Du wohl(?) früher erhalten wirst als meinen, wirst Du ersehen, dass wir nicht mehr in Kladovo, sondern in Sabac, wir sind hier zirka 100 km von Beograd entfernt, hier ist kein Vergleich zu Kladovo. Sabac liegt an der Bahn, hat eine grössere Garnison, mehrere grosse Kaffees, 2 Kino einen Traprennplatz [gemeint ist: Trabrennplatz] und einen schönen Fussballplatz im ganzen 20,000 Einwohner beinahe hätte ich auf die Tanzlokalitäten vergessen, jeden Sonntag gibt es hier auf 3 Stellen Tanz, im Sportgebäude, ein neuerbautes sehr modernes Gebäude, in der kaufmänn. Lehranstalt und in der Tanzbar. Sabac ist nähmlich des Zentrum der Studierenden hier gibt es an die 25 Schulen, Gymnasium und eine Universität. Und viele Konditoreien sind hier, die sind mein Unglück, das ganze Geld vernasche ich. Ein Bad ist auch hier und wer geht? Nur die Juden, eine Art Tröpferlbad. Also hier ist es schon etwas städtisch, am Sonntag gehe ich meistens ins Kino oder Tanzen. Wenn eine gute Mannschaft hier ist gehe ich zum Match. Wie Du siehst geht es uns hier sehr gut. Das wichtigste habe ich aber Dir noch nicht geschrieben. Seit vorgestern besteht wieder die Möglichkeit für 700 Leute illegal zu fahren, hauptsächlich für die österr[eichische]. Hachscharah, wir mussten einen Revers unterzeichnen, worin wir auf eigene Gefahr die Reise unternehmen. Mann [geimeint ist: Man] konnte sich freiwillig melden, ob mann mitfahren will oder nicht. Du wirst zwar staunen, aber ich habe mich doch gemeldet, ich habe schon genug vom Emigrantenleben, ich möchte schon wieder in normale Verhältnisse kommen, selbst arbeiten. Vor 3 Monaten ist ein Transport von Wien an uns vorüber gefahren, es heisst, dass dieser schon gelandet ist, dabei war(?) mein ehemaliger Chef. Sein Sohn hat schon ein Geschäft in Tel-Aviv und verdient.

 

                               -------------------------------------------------------------

Sehr schön, ich wäre schon froh wenn auch ich schon so weit wäre. Ich kann aber nicht daran glauben, dass wir fahren werden, den[n] es ist nicht das erste Mal, dass wir abfahrbereit sind. Aus deinem Brief ersehe ich, was für schweres Leben Ihr führt. Von der l[ieben]. Lisl habe ich gestern auch einem Brief, Sie hat es besonders schwer, dass Sie diese schwere Arbeit leisten kam, ist mir unbegreiflich. Ich könnte so ein Leben auf die Dauer nicht vertragen, es ist aber höchste Eisenbahn [umgangssprachlich für dringend], das[s] wir von hier wegfahren, denn es wird nicht lange dauern und es kommen auch hier Juden gesetze, mann spricht bereits von einer Internierung der Emigranten, also schöne Aussichten, was! Hoffenlich können wir noch fahren, denn wer weiss was morgen sein kamm. Von den Eltern bekomme ich jeden Woche einen Brief, der l[iebe] Vati bekommt Arbeitslosenunterstützung, er wird aber arbeiteten gehen müssen. Fast täglich kommen neue Leute von Wien zu uns, die Illegal über die Grenze gehen. Lieber Hans welche Zeit war schöner, im Sommer vorigen Jahres oder die Landarbeit, ich glaube Bootfahren. Ich muss mich tummeln [wienerisch für beeilen] dass der Brief noch Heute weg geht, durch den griechischen Konflikt wird die Post jetzt wahrscheinlich länger dauern. Bitte l[ieber] Hans, es würde mich sehr interresieren ob Ihr schon feste Arbeitsplätze hab[e]t und ob sich die Verhältnisse durch den Krieg verändert haben! Wir haben in unserem Zimmer (wir wohnen privat 5 Burschen) einen Radio und hören immer die Nachrichten, in Palestina scheint nicht viel los zu sein, Gott-sei-Dank. Bevor ich schliesse lasse ich alle Bekannten, besonders den Walter, Yeshu und Schmuli auf beste grüssen und hoffentlich auf ein baldiges Wiedersehen, ich schicke diesen Brief der l[ieben] Lisl mit und hoffe dass Du Ihn bald bekommen wirst.

                                     Mit den bester Grüssen – Egon

 

Meine Adresse ist = Egon Aufrichtig, Sabac, Georeski Obstina

                                                                        Drinska Banat

                                                                        Jugoslavia

 

Egon's Letter of 1 July 1940

Egon's Letter of 20 January 1941

Egon Aufrichtig - Kladovo-Šabac

Egon Aufrichtig - Dead-End Journey